Stuttgart, 23:12.2006, 18:00 Uhr. Die Pumpe rast.
bei all den schlechten und noch schlechteren Nachrichten des Jahres ist vollkommen untergegangen, daß klammheimlich beschlossen wurde, den Heiligabend auch in diesem Jahr mal wieder am 24.12. stattfinden zu lassen. das konnte natürlich mal wieder keiner ahnen!
da steht er nun, Kuno Kunde auf dem Weg zur spontanen Eingebung für ein Geschenk für seine nervtötenden Plagen liebe Verwandschaft. Das ganze Jahr über hat er sich erfolgreich davor gedrückt, auch nur die geringste Form von Zuneigung in Wort, Bild, Schrift oder gar materiellen Zuwendungen gebrauchen zu müssen, aber nun ist es mal wieder soweit: Weihnachten steht vor der Tür, das Fest der Liebe – oder besser gesagt: das meistgefürchtetste Ereignis des Jahres, welches unerhörtes schauspielerisches Talent sowie eine gehörige Portion Geduld erfordert, die wir sowieso alle nach den Strapazen des Jahres schon längst nicht mehr besitzen.
Doch zunächst einmal gilt es, seine Liebesbeweise mit dem Geldbeutel gegenzuchecken – was ist drin? was muss ich investieren, um nicht als geiziges Arschloch dazustehen (und das, obwohl doch alle propagieren, Geiz sei mal sowas von geil..)
Ah, jetzt ja.. Eine CD oder DVD ist mit 15 Euro durchaus drin und beschert uns zumindest die Möglichkeit, uns ohne unangenehmes Ziehen in der Magengegend gegenseitig anzuschweigen, nachdem wir die Fressgeräusche der ungeliebten Verwandtschaft ertragen haben..
Doch welches Schmankerl der Musikerzunft soll es sein? Welches cineastische Bollwerk genügt sowohl den Ansprüchen dieses vermaledeiten Hundskrüppels von Sohn meiner Schwägerin (wie konnte man sowas bloss in die Welt setzen? da war doch bei der Geburt schon klar, dass das ein Arschloch wird..) und passt gleichzeitig zu diesem ach so besinnlichen Abend?
Gar nicht so einfach, denkt sich Kuno Kunde, und sucht sich daher was besonders ausgefallenes aus. Das ist ja an sich schonmal lobenswert, nachdem es die Mainstream-Massenware sowohl beim Aldi aufm Wühltisch als auch an der Shell-Tankstelle nebenan gibt. Das Problem ist nur das Timing – und das stellt dieser nun mit erschreckender Deutlichkeit fest.
Er stürmt in unseren Laden – natürlich nicht morgens um 10, wo er eventuell noch genügend Ausweichmöglichkeiten hätte, nein. Samstag Abend, 18 Uhr, sozusagen zur „Rush Hour“ des Einzelhandels, drückt er sich an den brav wartenden Kunden (ja die gibt es!) vorbei, um mit geübtem Blick nach einer Person ausschau zu halten, die der Jahreszeit zum Trotz nur im T-Shirt umherirrt. Dass er dem nicht noch ein Bein stellt, um ihn zu stoppen, ist erstaunlich. Sogleich unterbricht er also das bestehende Kundengespräch, um seine Forderung zu äußern. Natürlich ist das gewünschte Produkt längst nicht mehr auf Lager und kann so kurz vor Weihnachten auch nicht mehr besorgt werden, und im Grunde genommen weiß Kuno Kunde das auch instinktiv, aber er denkt sich halt „wenn ich schonmal so eine Dumpfbacke von Verkäufer in den Fingern habe, wird der auch verpflichtet sein, mir das Produkt zu beschaffen“.
Schade, daß er dabei auf mich trifft, denn mir macht es eine unglaubliche Freude, genau diesem Typ idiotus schenkwilligus einen Strich durch die Rechnung zu machen. „Nein, das haben wir schon längst nicht mehr vorrätig, da sind sie schlicht und ergreifend zu spät dran..“
Natürlich gibt er nicht so schnell auf.. „Ich möchte das bestellen!“
„das bekommen wir frühestens Ende Januar wieder geliefert“ kontere ich mit einem süffisanten Grinsen, wissend, was die nächste Frage sein wird.. und da kommt sie auch schon:
„sagen sie mir, wo ich das jetzt noch bekommen kann..“ hahahahaha.. als würde es mich auch nur im geringsten scheren. Selbst wenn ich es wüßte – ich geniesse diese Frustration derjenigen, die der Meinung sind, auf den letzten Drücker noch schnell ein Geschenk aus dem Ärmel zaubern zu können, auf eine mir ansonsten eher verborgene Art und Weise. Ja, ich weiss, das zeugt von mangelndem Mitgefühl, aber: ich hab da auch nicht das geringste!
Sehr geil finde ich ja dann, wenn Kuno seiner Frustration freien Lauf lässt und so Sätze von sich gibt wie „Das scheint sie ja nicht weiter zu interessieren, ist mein Problem, was?“ – denn dann kann ich meine Genugtuung so richtig ausspielen, indem ich brav und ehrlich antworte:
„Sie haben vollkommen recht.“
Man verstehe mich nicht falsch, ich bin kein Arschloch. Ich kanns nur partout nicht ab, wenn jemand versucht, sein Problem zu meinem zu machen. Ich gehe schliesslich auch nicht auf die Straße und zwinge wildfremde Mitbürger dazu, auf meinen Sohn aufzupassen, damit ich Samstag Abends ausgehen kann..
..und dass Heiligabend am 24.12. stattfindet, sollte sich mittlerweile doch überall rumgesprochen haben.
Vielleicht ist den frustrierten ja ein Trost, daß 90% der Geschenke, die unter dem Weihnachtsbaum landen, sowieso nicht ankommen und unmittelbar nach den Feiertagen in was sinnvolleres umgetauscht werden. Ergo könnte man sich den ganzen Stress auch sparen, indem man einfach Bares unter den Baum legt – das gefällt allen. okay, das mag zwar etwas unpersönlich wirken, aber das sind zeitlich verordnete Geschenke ja sowieso – von Herzen kommen die garantiert nicht, eher vom Pflichtgefühl getrieben.
In diesem Sinne: Euch allen ein frohes Fest, und wir sehen uns nach den Feiertagen wieder zum Umtauschen – ich bin da auch echt kulant dann, versprochen 😉